Durch eine UX-Evaluation wird festgestellt, ob das Design einer Software zielgerichtet ist und welche Änderungen zur Verbesserung vorgenommen werden sollten. Mit Hilfe der Evaluation können die Usability und die User Experience einer Anwendung getestet und bewertet werden. Dabei ist es wichtig, diese so früh wie möglich durchzuführen, um etwaige Usability-Probleme rechtzeitig identifizieren und beheben zu können. Je früher Probleme im Projektverlauf gefunden werden, desto kostengünstiger ist die Behebung. Zudem kann die Softwarequalität gesteigert werden.

Eine UX-Evaluation kann schwerwiegende Folgen verhindern

Oftmals gehen theoretische und praktische Nutzung und Benutzbarkeit einer Anwendung weit auseinander, ohne, dass dies auf den ersten Blick ersichtlich ist. Was für einen Entwickler oder eine Entwicklerin als logischer Schritt erscheint, gilt nicht unbedingt auch für die Nutzenden. Doch wenn die Benutzbarkeit einer Software gering ist, kann dies sowohl bei B2B- als auch bei B2C-Anwendungen gravierende Folgen haben:

Ablehnung der Anwendung / Unzufriedenheit

Wenn die eigene Software eine geringe Nutzbarkeit aufweist, ist das Risiko groß, dass sie von den Nutzenden abgelehnt wird und diese auf Alternativ-Produkte ausweichen.

Erhöhte Kosten

Ist die Anwendung in nur geringem Maße nutzbar, müssen in der Regel Mittel aufgewendet werden, um beispielsweise die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Umgang mit der Anwendung zu schulen. Dieser wiederkehrende Mehraufwand kann durch eine Evaluation und anschließende Optimierung der Software vermieden werden.

Gesunkene Produktivität

Eine komplizierte Anwendung führt zu einer geringeren Performance der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der umständliche Umgang mit der Software kostet Zeit, die in die Bearbeitung der eigentlichen Aufgabe fließen sollte.

Testen für eine bessere Nutzbarkeit: Evaluationsmöglichkeiten

Es gibt zwei grundlegende Arten, Anwendungen auf Ihre Nutzbarkeit hin zu testen: Nutzertests und Expertentests.

Bei den Nutzertests testen Nutzerinnen und Nutzer die Software nach vorgegebenen Kriterien. UX-Expertinnen und Experten beobachten die Nutzenden bei der Interaktion mit der Anwendung hinsichtlich der Vorgehensweise, Mimik und Gestik und erhalten durch „lautes Denken“ einen direkten Einblick in die Gedankengänge der Nutzenden. Anhand der Ergebnisse analysieren sie die Nutzbarkeit der Anwendung.

Bei einem Expertentest hingegen sind keine Nutzenden involviert. Die UX-Expertinnen und Experten untersuchen die Anwendung eigenständig anhand zuvor festgelegter Kriterien schrittweise auf Usability-Probleme. Expertentests sind somit als Ergänzung zu den Nutzertests zu sehen.

Die Vorteile von Nutzertests

Nutzertests sind für die Evaluation von Anwendungen essenziell, um die Erfüllung der Nutzerbedürfnisse zu überprüfen. So kann durch die Einbindung der Nutzenden die tatsächliche Interaktion mit der Anwendung analysiert werden. Schließlich kennen sie ihre Arbeitsweise und Vorgaben am besten, wodurch ein genaueres Ergebnis erzielt werden kann. Es darf nämlich nicht davon ausgegangen werden, dass Usability-Prinzipien oder die Erfahrung der Expertinnen und Experten die Nutzung der Anwendung zu 100 Prozent abdecken können. Vielmehr sind diese als Hilfestellung und Richtlinie zu betrachten. Zudem resultiert daraus ein direktes Feedback der Nutzenden, welches in die Anwendung aufgenommen werden kann.

Methoden der Nutzertests sind beispielsweise:

  • formale Usability Tests
  • Hallway Tests
  • Usability Walkthrough
  • Usability Befragungen
  • A/B-Tests

Letztere sind eine in der Praxis häufig genutzte empirische Methode, um zwei Lösungsansätze miteinander zu vergleichen. Dazu werden die späteren Nutzenden in zwei Gruppen aufgeteilt und bekommen je eine unterschiedliche Version vorgelegt. Anschließend werden sie zu der jeweiligen Version befragt. So kann ermittelt werden, welche Lösung die potentiell erfolgreichere ist. Seinen Ursprung hat die Methode übrigens im Marketing, bei der unterschiedliche Gruppen verschiedene Versionen von Werbespots gezeigt bekamen. Doch über die Jahre hinweg gewannen die A/B-Tests auch für die Usability an Bedeutung, um alternative Lösungen zu evaluieren.

Die Vorteile von Expertentests

Durch Expertentests kann sichergestellt werden, dass Usability-Richtlinien eingehalten werden. Zudem können die Expertinnen und Experten versuchen die Arbeitsabläufe der Nutzenden nachzustellen und sich somit in ihre Lage versetzen, um die grundlegenden Usability-Probleme aufzudecken.

Es ist ratsam diese Aufgabe Fachkräften zu übertragen, die bisher nicht in das Projekt involviert waren, da sie einen neutralen Blick auf die Software haben.

Methoden der Expertentests sind beispielsweise:

  • Cognitive Walkthrough
  • GOMS (goals, operators, methods and selection rules)
  • Heuristische Evaluation

Bei letzterer untersucht eine Gruppe von Fachkräften die Anwendung auf mögliche Usability-Probleme. Es ist empfehlenswert, mindestens drei Expertinnen oder Experten hinzuzuziehen, da diese über 70 Prozent der Usability-Probleme aufdecken können. Grundlage der heuristischen Evaluation sind zuvor von den Expertinnen und Experten ausgewählte, etablierte Kriterien wie die Grundsätze der Dialoggestaltung der ISO 9241-110. Zusätzlich können individuelle Kriterien definiert werden, die für die Untersuchung relevant sind. Die identifizierten Probleme werden anhand der Notwendigkeit ihrer Beseitigung gewertet. Im nächsten Schritt werden Handlungsempfehlungen und Optimierungsvorschläge herausgearbeitet.

So hilft UX-Evaluation, Softwareprojekte erfolgreich umzusetzen. Es spielt keine Rolle, ob ein Projekt nach dem klassischen Wasserfallmodell oder agil entwickelt wird. Eine UX-Evaluation lässt sich bei jedem Projekttyp problemlos durchführen und an die Projektgegebenheiten anpassen.

Evaluationen werden immer wieder während des Projektverlaufs durchgeführt. Vor der Neuentwicklung von Features oder auch nach der Implementierung wird die Nutzbarkeit geprüft und ggf. Verbesserungsvorschläge gemacht. Kontinuierliche Evaluationen helfen, die Anwendung „auf Kurs zu halten“ und dafür Sorge zu tragen, dass die Nutzenden die angestrebten Aufgaben zufriedenstellend erledigen können. Abschließende Tests können durchgeführt werden, um herauszufinden, ob die gesetzten Ziele bezüglich einer positiven User Experience erreicht wurden.

Zudem können Evaluationen remote durchgeführt werden, was zum einen die Beteiligten in der aktuellen Zeit schützt und zum anderen dafür sorgt, dass der organisatorische Aufwand für die Nutzenden minimiert wird.

Überhaupt ist die Einbeziehung der Nutzerinnen und Nutzer wichtig. Durch sie erhalten wir Einblicke in die Interaktion mit der Anwendung und bekommen direktes Feedback zum Nutzererlebnis.

Fazit: UX-Evaluation essenziell für ein optimales Nutzererlebnis und hohe Softwarequalität

Um zu gewährleisten, dass die Anwendung den Bedürfnissen der Nutzenden entspricht und eine optimale Benutzbarkeit gewährleistet ist, ist eine Evaluation essenziell. Idealerweise werden sowohl Nutzertests mit einer entsprechenden Anzahl an Anwenderinnen und Anwendern als auch ergänzende Expertentests durchgeführt. Im Alltag ist aus verschiedenen Gründen die Durchführung beider Evaluationsarten eventuell nicht immer möglich, sei es aus Budget- oder Zeitgründen oder aufgrund interner Bestimmungen. Dann sollte der Fokus auf die Nutzertests gelegt werden. Ist es nicht möglich, Nutzertests durchzuführen, sollte auf die Expertentests nicht verzichtet werden. Denn jegliche Bestrebung einer Evaluation kann bereits zu einer Steigerung der Softwarequalität führen.

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