Review: „Replatforming: Securing Board and Top Management Buy-in“

Eine Untersuchung des Massachusetts Institute of Technologie – Center for Information Systems Research (MIT-CISR). Gelesen und analysiert von Volker Koster, CTO bei der MT GmbH

In einem aktuellen Report Replatforming: Securing Board and Top Management Team Buy-in zeigt das renommierte Massachusetts Institute of Technologie – Center for Information Systems Research, wie Teams sich die Unterstützung des Top-Managements für ein Replatforming-Projekt während der gesamten Laufzeit sichern. Er ist eine Art Blaupause zur klaren, managementkompatiblen Kommunikation einer „Future-Ready“-Plattform und stellt vier grundsätzliche Umsetzungsstrategien für Replatforming-Projekte vor. Bei der MT verfolgen wir ähnliche Strategien und haben viel Erfahrung mit Replatforming. Daher kennen wir die Notwendigkeit, die volle Unterstützung des Managements für solche Projekte zu erhalten.

Die schiere Dimension und der fachliche wie zeitliche Umfang von Replatforming-Projekten machen ein Engagement des Top-Managements zur notwendigen Voraussetzung für den Projekterfolg.

Das MIT-CISR benennt vier Bedingungen für das „Management Buy-In“:

  • Eine klare und verständliche Kommunikation des Zielbilds

Wie wird die finale Plattform aussehen und welchen Geschäftszielen soll sie dienen?

  • Eine valide Strategie zur Zielerreichung

Welche der vier alternativen Strategien wurde gewählt und warum?

  • Metriken zur permanenten Fortschritts- und Erfolgskontrolle
  • Risikomanagement

Ohne das Top-Management geht es nicht

Replatforming-Projekte verfolgen das Ziel, das eigene Unternehmen in der digitalen Wirtschaft wettbewerbsfähig zu halten. Das MIT-CISR bezeichnet das strategische Ziel von Replatforming-Projekten als „Future-Ready Platform“: Eine Plattform, die Geschäftsmodelle digital unterstützt und sich einfach und schnell an neue Herausforderungen anpassen lässt. Bei der MT nennen wir solche Plattformen „Business Enablement Plattform“.

Replatforming-Projekte sind für Unternehmen meist risikobehaftet und insofern herausfordernd. Die volle Unterstützung durch das Top-Management über den gesamten Projektzeitraum ist eine wesentliche Voraussetzung für deren Erfolg. Dazu müssen sowohl das Zielbild, das heißt die neue Systemlandschaft, als auch der Weg dorthin denselben Abstraktionsgrad aufweisen.

Regie-Ikone Stanley Kubrick hat es mal auf den Punkt gebracht: Die Herausforderung beim Filmemachen bestehe darin, alle Beteiligten dazu zu bringen, denselben Film drehen zu wollen.

Das gilt insbesondere für Replatforming-Projekte. Eine funktionierende Kommunikation in Richtung Management ist zwingend notwendig. Das Projekt-Team muss klar erläutern, wie die neue „Future Ready“-Plattform aussieht, wie sie sich vom Status Quo unterscheidet und welcher Business Value über die Plattform realisiert werden kann. Gerade der letzte Punkt ist nicht zu unterschätzen! Replatforming-Initiativen sind möglichst eng mit Geschäftszielen zu verbinden, um sich jederzeit bewusst zu machen, welchem Zweck die Aufgabe dient.

Wie die neue „Future Ready“-Plattform selbst, muss der komplette Transformationsprozess transparent dargestellt werden.

Hierfür liefert der Report das nötige Rüstzeug, indem er Antworten auf folgende Fragen gibt:

  • Wie sieht eine „Future Ready“-Plattform aus?
  • Wie wird der Transformationsprozess gestaltet?
  • Wie sichert man sich die Unterstützung durch das Top-Management?

Was heißt „Future Ready“?

Diese Frage beantwortet der Report mit einer grafischen Darstellung der Plattform:

„Future Ready“-Plattform
„Future Ready“-Plattform Legende

„Future Ready“-Plattform (Legende wurde aus dem Text abgeleitet), Grafik: MIT-CISR

Das MIT-CISR schlägt die Strukturierung der Plattform in sechs konzeptionelle Ebenen vor:

  • Kunden
  • Kanäle
  • Prozessebene/Prozesssteuerung
  • Datenplattform
  • Integrationseben
  • Infrastrukturebene

Die Plattform erlaubt Kundinnen und Kunden über unterschiedliche Kanäle auf die bereitgestellten Services und Prozesse zuzugreifen. Web-Portale, Mobile-Anwendungen, Webservice-Clients oder Nachrichten sind Beispiele für solche Kanäle. Der Zugriff auf Prozesse erfolgt über APIs und wird über integrierte Compliance-Module abgesichert. Die Prozessebene greift auf eine Unternehmensdatenplattform (Shared Data) zu, die aus der integrierten Produkt- und Anwendungslandschaft gespeist wird. Auch diese Zugriffe werden über APIs mit integrierter Compliance gesteuert. Der Betrieb der Plattform erfolgt auf einer adäquaten Infrastruktur. Ein Replatforming-Projekt sollte dieses 6-Ebenen-Modell als Blaupause verstehen, dass an die Gegebenheiten des eigenen Unternehmens – oder besser an das eigene Top-Management – zugeschnitten werden kann.

Was sind die Leitlinien für den Bau einer solchen Plattform und woran erkennt man ihre „Future Readiness“?

Der Report benennt:

  • Überzeugende, integrierte Customer Experience ohne Medienbrüche
  • Einfache Zugangskanäle mit eingebauter Compliance
  • Shared Data, für interne und externe Nutzerinnen und Nutzer bereitgestellt
  • Platform-as-a-Service (PaaS)
  • Plug´n´Play-Services, über APIs bereitgestellt
  • Compliance implementiert in allen Geschäftsprozessen, Produkten und APIs
  • Gehostet in der Cloud
  • Eingebaute Metriken zur Messung von Geschäftsergebnissen
  • Governance – geteilte Verantwortung von Business und IT

Der Prozess des Replatformings

Nachdem alle Beteiligten Einigkeit bezüglich des angestrebten Ziels erreicht haben, muss eine Strategie zur Erreichung dieses Ziels entworfen und transparent kommuniziert werden.

Aus einer Befragung von über 1.000 Unternehmen bezüglich der gewählten Herangehensweise an Replatforming-Initiativen, konnten vier grundsätzliche Vorgehensweisen unterschieden werden:

  • API-Layer
  • Partieller Ersatz
  • Migration
  • Core Replacement
Replatforming - 5 Strategien

Grafik: MIT-CISR

Wie für die „Future Ready“-Plattform wurden auch für die Strategieansätze managementtaugliche Darstellungen entwickelt:

Nachhaltige Unterstützung durch das Management sichern

Nicht nur die Auswahl der passenden Strategie sichert den Erfolg eines Replatforming-Projektes. Ohne die Überzeugung des Managements, welches das Projekt aktiv begleitet, kontrolliert und unterstützt, sind die Aussichten auf Erfolg gering. Darum ist es die Pflicht des Projektteams, dem Management die Ziele, die gewählte Strategie und die verworfenen Alternativen darzulegen und abzustimmen. Die richtige Art der Kommunikation muss stimmen. Allzu generische Ausführungen bieten Interpretationsspielraum und wecken Erwartungen, die später enttäuscht werden. Zu viele technische Details versperren den Blick auf das große Ganze und verlieren den Adressaten. Eine konsequente Ausrichtung am Geschäftsmodell und die entsprechenden Metriken zur Erfolgsmessung verhindern das Abdriften des Projekts in einen Blindflug. Eine Governance, deren Kern die gemeinsame Verantwortung von Business- und IT-Leadern für Initiative und die entstehende Plattform ist, sorgt für einen nachhaltigen Fokus auf das Projekt.

Fehlt der Glaube des Managements, scheitert das Projekt

Replatforming-Projekte scheitern meist dann, wenn das Management die Reißleine zieht, weil es an einen Erfolg mit vertretbarem Aufwand nicht mehr glaubt. Aus Sicht der Führungskräfte ist das Leuchtturmprojekt zu einem schwarzen Loch mutiert, das Unmengen an Ressourcen verschlingt, ohne sichtbare Erfolge zu liefern. Replatforming-Projekte sind für dieses Schicksal besonders anfällig.

Gerade am Anfang türmen sich die Herausforderungen: neue Architektur, neue Technologien, neue Build- und Deployment-Prozesse und ein Team, das sich möglicherweise erst finden muss. Die meisten Aktivitäten laufen im Hintergrund ab. Alles, was das Management in dieser Phase sieht, ist der „Burn Down“, also der Verbrauch an Ressourcen.

Trotz allem kann das Projektteam durch geschickte Planung viel dazu beitragen, früh Erfolge zu vermelden. Es muss sich der Herausforderung bewusst sein und von Start an alles dafür tun, diese kritische Phase möglichst kurz zu halten.

In unseren Projekten halten wir uns an zwei Grundregeln:

  1. Löse zuerst die Herausforderungen der Koexistenz, das heißt das Zusammenspiel der alten Welt mit neuen Features
  2. Skaliere das Projekt niemals, solange die Koexistenz noch nicht steht

Fazit: Ohne Management geht es nicht

Der Report spricht ein Kernproblem an: Ich kenne kein Replatforming-Projekt, das ohne die Unterstützung von Verantwortlichen sowohl aus dem Business als auch der IT zum Erfolg gebracht werden konnte. Replatforming ist personal- und kostenintensiv, langlaufend und greift in viele Bereiche des Unternehmens ein. Das führt dazu, dass viele, auch unangenehme Entscheidungen, auf Ebenen getroffen werden müssen, die über den Rahmen sonstiger Projekte hinausgehen. Dafür braucht es kompetente, persönlich involvierte Entscheiderinnen und Entscheider mit der nötigen Durchschlagskraft.

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