Die Kombination aus Standardsoftware und individuell entwickelten Microservices beschleunigt den Umstieg auf neue, flexible IT-Plattformen.

Digitalisierte Prozesse überfordern die monolithischen IT-Infrastrukturen der meisten Unternehmen. „Legacy bremst unsere Digitale Transformation aus“, lautet der Vorwurf vieler Business-Manager an ihre Kollegen in der IT. Gleichzeitig steigt in der IT-Abteilung der Frust über den hohen Wartungsaufwand, den die Altsysteme verursachen. Klar ist deshalb: in den meisten Unternehmen steht eine Modernisierung der IT-Plattform unausweichlich bevor. Doch wie lassen sich die Monolithen sinnvoll ersetzen? Volker Koster, Chief Technology Officer (CTO) beim IT-Dienstleister MT, sagt: „Eine komplette Neuentwicklung ist riskant, weil kompliziert und zeitaufwändig. Solche Projekte dauern in der Regel Jahre. Am Ende ist das neue System nicht selten genauso komplex wie das ursprüngliche – also eine Art Legacy 4.0“. Um das Risiko einer solchen langwierigen und teuren Fehlentwicklung zu minimieren, gibt es nur eine sichere Methode: möglichst wenig neu entwickeln. Möglich wird das durch den Einsatz moderner Standardsoftware für alle Abläufe, die nicht unternehmensspezifisch sind. Nur Kernprozesse, die einen konkreten Vorteil gegenüber dem Wettbewerb schaffen, werden neu programmiert.

Legacy schneller nachhaltig ersetzen mit Container-Technologie

Projektlaufzeit verkürzen

Dieses differenzierte Vorgehen reduziert die Komplexität der Plattformmodernisierung erheblich – und damit die Projektlaufzeit. Außerdem kann das Unternehmen die Entwicklerressourcen gezielt einsetzen, um die Kernprozesse des Unternehmens bestmöglich abzubilden. „Dabei ermöglicht die Nutzung moderner Standard-Technologien wie Docker für Microservices in Containern und Kubernetes für das Container-Management eine nachhaltige Softwareentwicklung“, erklärt der IT-Architektur-Experte Koster. Er ergänzt: „Nachhaltig meint in diesem Zusammenhang die Fähigkeit der Plattform, das System permanent an geänderte Anforderungen anzupassen, ohne dass der Anpassungsaufwand mit der Zeit signifikant steigt. Nur so lässt sich vermeiden, dass die Entwicklung von heute zur Legacy von morgen wird.“

In sechs Monaten zum kompletten Marktplatz

Wie eine nachhaltig entwickelte Plattform in der Praxis aussieht, zeigt das Beispiel des Containerdienstes Redooo : Auf seinem digitalen Marktplatz vernetzt das Unternehmen der Remondis-Gruppe Entsorgungsunternehmen mit Privat- und Gewerbekunden. Die Kunden können via Internet oder per mobiler App Container für die Entsorgung – etwa von Bauschutt oder Produktionsabfällen – bestellen. Sowohl die App als auch die Webanwendung hat die MT innerhalb von sechs Monaten entwickelt und implementiert. Das Projekt-Team realisierte ein Architekturkonzept, das individuell entwickelte Microservices mit einer Standardsoftware für die Entsorgungsbranche – enwis von Tegos – vereint. Das komplette Management der Stammdaten zu Entsorgungspartnern, Abfallarten, Behältertypen und ähnlichem erfolgt dabei in der Standardsoftware – ebenso wie Buchhaltung und Statistik. Die Software für den Markplatz selbst hingegen wurde speziell für das Geschäftsmodell von Redooo entwickelt. Sie bildet die Kernprozesse mithilfe von Microservices ab. Dazu gehören neben der Aggregation von Angebot und Nachfrage unter anderem die Auswahl der potentiellen Leistungserbringer und die automatische Auftragsvergabe an den Reaktionsschnellsten sowie die digitale Unterstützung der Lieferprozesse mit Geo-Koordinaten, Google-Maps und Real-Time-Informationen zur Leistungserbringung. Jeder einzelne Vorgang, wie beispielsweise die Bestellung eines Abfall-Behälters, stellt einen eigenen Service dar, der in einem Docker-Container untergebracht ist. Ein Kubernetes-Cluster verwaltet alle Docker-Container.

„Ein weiteres Beispiel ist der Erfolg von Salesforce im Zusammenspiel mit ihrer hauseigenen Integrationsplatform MuleSoft“, sagt Peter Heintzen, Bereichsleiter IT Architecture bei der MT. Die strategische Entscheidung für den Einsatz von Salesforce ermöglicht Unternehmen, den Sales-, Marketing- und Service-Mitarbeitern zukünftig konsolidierte 360°-Sichten auf die Kunden zur Verfügung zu stellen. Die dazu benötigten Daten liegen in den Unternehmen bereits vor, doch sind sie zumeist über verschiedene Syteme, wie etwa SAP, Kassensysteme, Online Store, Data-Science-Plattformen und weitere Customer Touch Points verstreut. Salesforce liefert als Standardsoftware konsolidierte Best-Practice-Sichten und Funktionen zum Umsetzen einer Omnikanalstrategie. Diese Sichten werden über MuleSoft teilweise in Echtzeit aus der bestehenden Systemlandschaft mit Daten und Business Events bewirtschaftet und ermöglichen eine individuelle Ansprache und personalisierte Angebote entlang der gesamten Customer Journey. „Wir arbeiten bereits seit längerer Zeit erfolgreich mit diesem Ansatz, bei dem möglichst wenig programmiert wird. Bestehende Systeme und Standardsoftware bilden die logischen Container, um schnelle Mehrwerte durch neu strukturierte Daten- und Kontrollflüsse zu schaffen.“

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Herausforderung Integration

Eine zentrale Herausforderung solcher nachhaltiger Plattformarchitekturen ist die nahtlose Integration von Standardsoftware und individuell hinzu entwickelten Komponenten. Bei der Auswahl der Standardsoftware ist daher neben der Funktionalität der Anwendung vor allem die Leistungsfähigkeit der API sorgfältig zu prüfen. Darüber hinaus erfordert die Entwicklung der individuellen Funktionalität ein durchdachtes Konzept für die konsequente technische Entkopplung unterschiedlicher Vorgänge. Eine besondere Rolle spielen dabei Fragen der Data Governance: Welchem Service gehören welche Daten, wer darf sie sehen, wer ändern? Klare Antworten auf diese Fragen sind neben dem technischen Know-how Grundvoraussetzungen für eine kurze Projektlaufzeit und damit für eine rasche Amortisation der Entwicklungskosten. Zusätzlich liefern sie einen entscheidenden Beitrag zur Nachhaltigkeit der neuen Plattform.

Harte technische Grenzen fördern Nachhaltigkeit

Die Nachhaltigkeit der individuell entwickelten Teile beim Replatforming mit Container-basierten Microservices beruht auf dem Modell des Domain Driven Design von Eric Evan. Dahinter steckt die Erkenntnis, dass die Komplexität in der Entwicklung von Software nur durch die konsequente Entkopplung von Services reduziert werden kann. Das bedeutet: Jeder Service der Plattform arbeitet autonom, unabhängig von Hardware und Betriebssystemen sowie von der Existenz anderer Services. Dazu beinhaltet jeder Docker-Container alle Elemente, die der jeweilige Microservice für seine Funktion benötigt, inklusive sämtlicher Daten. Zwar führt dieses Konzept zu einer gewissen Datenredundanz, weil manche Daten von mehreren Services benötigt werden. Für den raschen Abgleich und die Synchronisierung dieser Daten sorgt jedoch ein zentraler Message Broker wie Apache Kafka. Volker Koster erklärt: „Die Kombination aus diesem zentralen Kommunikationsmodell und der Datenautomomie der Microservices stellt sicher, dass Unternehmen jeden Service für sich genommen verändern, weiterentwickeln und autonom implementieren können.“ Das weitgehend automatisierte Lifecycle-Management der Services übernimmt dabei ein Cluster-Manager wie Kubernetes. So bleiben moderne IT-Plattformen dauerhaft flexibel anpassbar an die Business-Anforderungen von morgen.

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Volker Koster

Volker Koster

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